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  Allgemein

"So hoch auch das Engagement der Berliner Orchester und Opernhäuser für die zeitgenössische Musik zu bewerten ist - die wirklich neue Musik ist schon wieder weitergezogen. In den Serien des BKAs und des Podewils hat sie ihr Forum, hier kommen die Werke von Helmut Oehring, Hanspeter Kyburz und Orm Finnendahl zur Uraufführung. Das Institut für Neue Musik, dem Finnendahl als rühriger Leiter vorsteht, das Elektronische Studio der Technischen Universität mit Folmar Hein und die Berliner Gesellschhaft für Neue Musik sind weitere Institutionen, die in Kooperationen, etwa mit dem DAAD, SFB oder Akademie thematisch eng umrissene Festivals organisieren, vom 1.-4. Oktober etwa die Reihe "Minimalisms" im Podewil. Und was heute Avantgarde ist, gilt es in versteckten Hauskonzerten und einigen Clubs am Prenzlauer Berg zu suchen. Die goldenen Käfige bleiben verwaist."

Berliner Tagesspiegel vom 27.9.1998
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"Orm Finnendahls Interesse gilt besonders der Arbeit mit elektronischen Medien. In seinen Kompositionen hat er immer wieder Strategien entwickelt, um mit Hilfe des Tonbands, des Computers oder der liveElektronik musikalische Prozesse darzustellen, wobei sein kompositorisches Interesse speziell da einsetzt, wo objektivierbare Zusammenhänge in Konkurrenz zu subjektiven Wahmehmungsformen treten. Stilistisch flexibel und versiert im Umgang mit unterschiedlichen Materialien unterwirft er seine Arbeitsweise keiner sprachlichen Einengung. Vielmehr entwickelt er konstruktive Verfahren, die bewußt den Umgang mit ganz unterschiedlichen musikalischen Ausdrucksformen - nicht zuletzt als Antwort auf einen fragwürdig gewordenen stilistischen Exklusivitätsanspruch neuer Musik zulassen. Eine Offenheit, die sich bis in den Charakter seiner Stücke, die zum Teil im Zwischenbereich von Komposition, Klanginstallation und Performance angesiedelt sind, fortsetzt. "Ich empfinde (schreibt Orm Finnendahl) die rasante, durch die technologische Entwicklung beschleunigte Veränderung unserer Welt als eine Herausforderung, der ich ästhetisch begegnen möchte."

Carolin Naujocks im Programmheft zum Preisträgerkonzert des Stuttgarter Kompositionspreises 1998


"...Algorithmische Komposition und Partitursynthese sind die Schlagworte, die nur der mit sinnenfeindlicher Konstruktion verbindet, der noch nie den schlüssigen Formen oder ausgeklügelten Prozessen der Werke von Franz Martin Olbrisch, Orm Finnendahl, Hans Peter Kyburz oder Altmeister Iannis Xenakis erlag..."

Berliner Tagesspiegel vom 22.9.1998

 

  Portraitkonzert am 14. Juni 1998

"Zu den interessantesten Berliner Komponisten gehört zweifellos Orm Finnendahl, der, nachdem er eine für die Stadt typische Kariere als Mitarbeiter am Elektronischen Studio der TU und langjähriger Kurator der Kreuzberger Klangwerkstatt durchlaufen hat, nun das Institut für Neue Musik der HdK leitet und mit durchdachten Veranstaltungen den Diskurs über Zeitgenössische Musik belebt. Sein Komponieren ist geprägt von der intimen Kenntnis von Reihentheorie und fraktaler Mathematik, deren Anwendung in algorithmischer Partitursynthese Finnendahl mit individuell-künstlerischen Eingriffen konfrontiert. In einem Portraitkonzert in der Kulturbrauerei führte das im vergangenen Jahr im Umfeld der HdK gegründete Ensemble Mosaik unter der zurückhaltenden Leitung von Enno Poppe in das Werk Finnendahls ein. Das Prinzip der Verdichtung zog sich durch den schlüssig zusammengestellten Abend: Im hier uraufgeführten "Immobilie" beschrieben sechs Musiker mit Maultrommeln, unterstützt von Zuspielband und live für Aufnahme und Wiedergabe eingesetzten Ghettoblastern, den Übergang vom rhythmischen Kontrapunkt zur bedrückend dichten Klangfläche. Für die zweite Uraufführung, "Rekurs", wurde das sehr konzentriert agierende Trio aus Martin Losert (Saxophon), Claudia Sgarbi (Schlagzeug) und Ernst Surberg (Klavier) aufgezeichnet, um dann die Tonbandwiedergabe wieder live ergänzen zu können. In der zweimaligen Wiederholung dieses Prozesses wächst das klangsinnliche Stück um Erinnerung und Selbstähnlichkeit vor den Ohren des Hörers weiter, werden aus differenzierten Einzelereignissen gerichtete Strukturen, die sich um eine zentrale Generalpause ranken. Ein glücklicher Abend wichtiger Musik."

Berliner Tagesspiegel vom 29.7.1998
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  Immobilie

"...Das Prinzip der Verdichtung zog sich durch den schlüssig zusammengestellten Abend: Im hier uraufgeführten "Immobilie" beschrieben sechs Musiker mit Maultrommeln, unterstützt von Zuspielband und live für Aufnahme und Wiedergabe eingesetzten Ghettoblastern, den Übergang vom rhythmischen Kontrapunkt zur bedrückend dichten Klangfläche..."

Berliner Tagesspiegel vom 29.7.1998

(Dieser Ausschnitt stammt aus der Pressekritik zum Portraitkonzert)

 

  Rekurs

"Scheppern, Sirren, Klingeln, dazwischen Saxophon- und Flügelspiel: Ungewohnte Klänge bei einem Mathematiker-Kongreß. Musik und Mathematik sind jedoch schon längst keine getrennten Welten mehr. Vor allem die Protagonisten der Neuen Musik haben die Zahlen- und Formelwissenschaft seit den 50er Jahren für sich entdeckt. Orm Finnendahl, Komponist und Direktor des Instituts für Neue Musik an der Berliner Hochschule der Künste, präsentierte am Montag in der Urania Ergebnisse seiner Arbeit. Der 35jährige Musiker läßt Computer mit Hilfe von mathematischen Verfahren Grundmuster und Strukturen für seine Werke errechnen - oder aus alten Kompositionen neue Klanggebilde zusammensetzen. Wie eine Lotterietrommel wirbelt so der Rechner im stochastischen Prozeß - einer Methode der Statistik - vorhandenes Material durcheinanander. Eine neue, gleichwohl harmonische Musiksprache entsteht. Das Verfahren der überwiegend zufälligen Aneinanderreihung von Elementen geht auf den russischen Mathematiker Andrej Markow zurück, der Anfang des 20. Jahrhunderts Gesetzmäßigkeiten der Wahrscheinlichkeitsrechnung aufstellte. Finnendahl illustrierte dieses Vorgehen anhand von Ausschnitten zweier unterschiedlicher Werke der Renaissance-Komponisten Josquin und Gesualdo. Die Ursprungsakkorde des Josquin-Stückes wurden mit dem Tonmaterial Gesualdos verwoben und wieder entflochten, bis am Ende nur noch der zum Frühbarock tendierende Gesualdo erklang. «Der Computer generiert das Stück, keine einzige Note ist von mir gesetzt worden», so Finnendahl. Üblicherweise sind seine kompositorischen Arbeiten stärker determiniert. «Rekurs» lautet der Titel eines Werkes, das vor zwei Monaten in der Kulturfabrik uraufgeführt worden war. Anders als beim Würfelspiel der Stochastik liegt dabei das zentrale Motiv im Wiederaufgreifen des Gespielten. Drei Durchgänge hat das 14-Minuten-Werk, dessen kompositorische Grundlage eine grafische Darstellung aus unzähligen Punkten war. In eineinhalbjähriger Arbeit hat Finnendahl das keilförmige Diagramm mit einem wahren Klangfeuerwerk zu musikalischem Leben erweckt. Drei Musiker des Berliner Ensembles «Mosaik» begleiteten dabei ihr eigenes, im ersten Durchgang aufgezeichnetes Spiel mit neuen Elementen. Im dritten Abschnitt erreichte der Klangteppich schließlich seine engmaschigste Verknüpfung: jeder Ton ein exakt gesetzter Bezug zum vorherigen Spiel. «Auch wenn es sich für viele so anhört, wird dabei nicht improvisiert», erläuterte Finnendahl."

Berliner Morgenpost vom 26. August 1998
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"...Für die zweite Uraufführung, "Rekurs", wurde das sehr konzentriert agierende Trio aus Martin Losert (Saxophon), Claudia Sgarbi (Schlagzeug) und Ernst Surberg (Klavier) aufgezeichnet, um dann die Tonbandwiedergabe wieder live ergänzen zu können. In der zweimaligen Wiederholung dieses Prozesses wächst das klangsinnliche Stück um Erinnerung und Selbstähnlichkeit vor den Ohren des Hörers weiter, werden aus differenzierten Einzelereignissen gerichtete Strukturen, die sich um eine zentrale Generalpause ranken..."

Berliner Tagesspiegel vom 29.7.1998

(Dieser Ausschnitt stammt aus der Pressekritik zum Portraitkonzert)

 

  Rollenspiele

"...Mit seiner Findekunst bescherte das Ensemble den Jubiläumsgästen im Ballhaus Naunynstraße einen ebenso amüsanten wie tiefsinnigen und anrührenden Abend... ...überzeugten die Stücke von Orm Finnendahl und Ellen Fricke durch ihren konzeptionellen Witz..."

Berliner Tagesspiegel vom 31. Mai 1998 URL des Originaltextes

 

  Kontextmaschine/Kastrierte Automaten

"... Zum kompositorischen wie interpretatorischen Höhepunkt geriet die Uraufführung von Orm Finnendahls "Kontextmaschine/Kastrierte Automaten" (1995/96). Programm des im Vorjahr mit einem Förderpreis der Berliner Kompositionsaufträge ausgezeichneten Stückes ist es, den Charakter gleichbleibender musikalischer Objekte allein durch die Variation ihres Kontextes zu verändern. Doch auch bei der Wiederholung des rund zehnminütigen Werkes erschließt sich dem Hörer eher die computergestützte Anwendung mathematischer Automaten auf die Entwicklung musikalischer Gestalten, wie etwa im sich exponentiell verlangsamenden Auspendeln akkordischer Strukturen. Der Wechsel der so konstituierten Zustände bildet eine glücklich proportionierte additiv collagierte Großform, wie überhaupt Finnendahl feines Zeitgefühl beweist. Nicht zuletzt die delikate Raumbehandlung, um deren willen die entfernt sitzenden Musiker immer wieder ihre Instrumente wechseln, läßt dem Stück wiederholte Aufführungen wünschen."

Berliner Tagesspiegel 1996

 

  Fallstudien

"Bei der vom Komponisten Karlheinz Essl betreuten Reihe 'Musik im SCHÖMER-HAUS' in Klosterneuburg verbinden sich Musik, Raum und bildende Kunst zu einem einzigartigen Rahmen. Der Titel eines für das Ensemble Modern geschriebenen Werkes des Berliner Komponisten Orm Finnendahl diente der jüngsten Veranstaltung als Motto. Er ist bei Finnendahl als bewßte Doppeldeutigkeit gesetzt: das ständige Fallen der melodischen Linie ist das allgegenwärtige Strukturprinzip der Komposition, das anhand von vier "Fällen" studiert wird.

Fand die Präzision und Klarheit von Finnendahls Klangorganisation in der genauen und engagierten Wiedergabe des ensemble neue musik - wien unter Clemens Gadenstätter eine adäquate Entsprechung, so schien es sich in der Uraufführung von..."

Österreichische Musikzeitschrift, Juni 1997
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"...Orm Finnendahl benutzt in "Fallstudien" für Kammerensemble die Metapher des Fallens als Organisationsprinzip für Verläufe im dynamischen, rhythmischen und im Tonhöhenbereich.

Mit der Klavierintroduktion führt Finnendahl das gesamte Material ein und lässt es in den folgenden Abschnitten aus diesem Kontext herausfallen. Das Ohr muß die Zuordnungen der einzelnen Parameter in dieser offenen - quasi fugierten Konstruktion selbst treffen. - Eine Idee, die nur dann funktioniert, ist sie so stringent durchgehört wie vom Ensemble Varianti unter der Leitung von Manfred Schreier."

Stuttgarter Nachrichten vom 28.9.1998

"Plausibler erschien da schon die Prämierung von Finnendahls "Fallstudien", die vom Ensemble Varianti unter der präzisen Leitung von Manfred Schreier ansprechend präsentiert wurden. Das vierteilge Stück beginnt mit einem ausgedehnten Klaviersolo, dessen ruhig fließende Zweistimmigkeit später beschleunigt und vielstimmig aufgefächert wird, bis die anderen Instrumente mit kommentierten Einwürfen hinzutreten. Finnendahl spielt mit der im Kontext andersartigen Wahrnehmung vertrauter Gesten, Rhythmen und Sequenzen, unterwirft sie einem von der Metapher des Fallens bestimmten Verlauf, wodurch der Ensembleklang ständig seine Aggregatzustände ändert..."

Stuttgarter Zeitung vom 28.9.1998

 

  deserts

"...Das interessanteste Stück in diesem Block waren allerdings Orm Finnendahls "deserts" für Klarinette, Horn und Bratsche. Das als echte Raummusik konzipierte Werk zeigt bei aller Cage und Nono Nähe einen eigenen Ton und in den Kombinationen der drei Instrumente durch den Raum hindurch eine überraschende Vielfalt von Klangfarben..."

Berliner Tagesspiegel vom 16.2.1992

 

  Unter fremden Flaggen

"... Der 1963 geborene und in Berlin studierende Orm Finnendahl hat sein Stück "Unter fremden Flaggen" für (im elektronischen Studio der Technischen Universität Berlin realisiertes) Tonband und Instrumente im Hinblick auf die besonderen technischen Möglichkeiten des Kammermusiksaals konzipiert, und er nutzte diese, ohne vordergründig auf den Effekt zu setzen, in einer Weise wie nur sehr wenige der bisher vorgeblich für diesen Raum (Kammermusiksaal der Philharmonie) geschriebenen Kompositionen. Schon insofern war die vom Komponisten geleitete Aufführung ein Gewinn, und das Stück selbst, seine musikalische Zeit als Klangbeschreibung des Raumes, gleichsam auskomponierte Raumerfahrung herstellend, überzeugte in der schlüssigen Ökonomie von Material und Materialentfaltung..."

Berliner Tagesspiegel vom 23.5.1990

"Wesentlich interessanter die zweite Uraufführung dieses Abends, Orm Finnendahls "Unter fremden Flaggen". Finnendahl hat in doppelter Hinsicht auch Zeit und Ort dieser ersten Aufführung in sein Stück mit einbezogen. Zu dem Ensemblepart und einem Tonband, die er während eines Ameria-Aufenthaltes im letzten Jahr komponierte und produzierte, kam während dieser Uraufführung noch ein im elektronischen Studio der Technischen Universtät als Tonband produziertes Vorspiel, dessen Klangmaterial Finnendahl aus aufgenommenen Hammerschlägen der Berliner "Mauerpicker" entwickelte und über das neu installierte computergesteuerte Raumklangsystem des Kammermusiksaals zu einer akkustischen Raumerfahrung gestalten konnte, die - abgesehen von dem unvergleichlich aufwendigeren Projekt von Luigi Nonos "Prometeo" - der noch nicht mit der hauseigenen Anlage verwirklicht wurde - zum ersten Mal eigentlich die im Vorfeld der Eröffnung des Kammermusiksaals bereits so heftig beschworenen technischen Möglichkeiten dieses Saals mit seinem eigenen Studio erahnen ließ.

Die Voraussetzung für die Realisierung der komplizierten Klangbewegung im Raum - von der Erstellung eines Programms für die Computersteuerung bis zur Erprobung der günstigen Aufstellung für die ja leider entgegen ursprünglichen Plänen nicht fest installierten Lautsprecher - schuf Finnendahl nach eigener Vorarbeit in mehrtägiger Zusammenarbeit mit den beiden Tontechnikern des Saales. Das Interessante beim Hören von "Unter fremden Flaggen" war, daß das Stück offenbar streng strukturierte Formverläufe, etwa im Wechsel der Instrumentation, durch Verästelungen, was das Verhältnis zwischen längen des Tonbandes und denen der Live-Instrumente betrifft, unterläuft: Annäherung zwischen beiden Ebenen werden konstruiert als scheinbares Ziel der Dramaturgie, im nächsten Moment aber wieder dementiert; und in der Tat glaubt der Komponist, nach eigener Aussage, so sehr ihn die Technik interessiert, nicht an die so oft beschworene und meistens zu weniger interessanten Ergebnissen führende "Synthese" von Tonband und live produzierenden Musikern. Von der produktiven Irritation beider Medien lebt ein Stück wie "Unter fremden Flaggen" und das Publikum versagte der in gut zehn Minuten ökonomisch ihr Material auswertenden Komposition nicht die verdiente Zustimmung. Wenn ein Kompositionsauftrag zur Realisierung experimenteller Neugier seinen Beitrag leisten ann, hier hat er das allemal getan."

Martin Wilkening in der Neuen Berlinischen Musikzeitung 2/1990.

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