Körper-Ton Synästhesie

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Mit der kompositorischen Wende stellten sich auch neue synästhtische Bezüge her. Einer davon war die Verbindung von Tonhöhen mit bestimmten Stellen/Regione/”Sitzen” im Körper, eine Art Köper-Ton Synästhesie also.

Am stärksten stellte sie sich im ersten (rein elektronischen) Teil von “Mothers of Fire” ein. Dieser Teil konstituiert sich durch längere Klangbänder auf je unterschiedlichen Tonhöhen. Das Material sind die Klangschalen-Samples, die Bänder enststehen durch Granularsynthese im Maxpatch. Die Tonhöhe wird live über ein Interface reguliert. Um Glissandi zu ermöglichen ist die Oktave in 125 (5x5x5) equisistante Intervalle geteilt.

Die für mich neuartige synästhetische Wahrnehmung stellte sich ein, als ich mich noch in der experimentellen Phase befand. Der nächste Schritt wäre gewesen, über ein sinnvolles harmonisches Konzept für diese Stelle im Stück nachzudenken. Statt meines Denkes reagierte aber nun mein Körper auf die Tonhöhen, und begann sie zu “beurteilen”.
Das heißt: Das langsame, glissandiere live-Verändern der Tonhöhe per Interface löste korrespondierende “taktile” Wahrnehmungsveränderungen im Oberkörper-Kopf-Bereich aus. Zum einen korrespondierten dabei, wie man es vielleicht auch erwarten würde die Tonhöhe mit der Höhe der Position im Körper. Das Bemerkenswertere war aber der Bewertungsscharakter, der mit dieser Synästhesie verbunden war: Es gab Töne, die “saßen” gut im Körper, andere waren unangenehm, wieder andere lösten ausgesprochen angenehme (“heilsame”) Empfindungen an der betreffenden Stelle aus. Die Genauigkeit der Lokation korrespondierte dabei bis hin ins Mikrotonale, sicher bis hin zu Achteltönen, wenn nicht noch darüber hinaus.

Aus dieser Wahrnehmung entwickelte sich das harmonische Gefüge dieser Stelle. Und zwar rein nach dem Prinzip des am meisten Angenehmen: Ich nahm nur Tonhöhen bzw. Klänge, die sich angenehm anfühlten, in die Stelle mit auf und arrangierte die so ausgewählten Bänder zeimlich in Logic.

Es ist möglich, wenn nicht sogar sehr wahrscheinlich, dass die ausgewählten Bänder und Tonhöhen sich auch theoretisch herleiten lassen. Darum geht es an dieser Stelle aber nicht. Worum es geht, ist darzustellen, dass sich die Methode änderte, mit der ich grundlegende kompositorische Entscheidungen traf. Es stellte sich eine Art “Körper-Bewusstsein” ein. Ein Bewusstsein, dass rein äußerlich nicht Resultate hervorbringt, auf die man nicht auch anders hätte kommen können. Aber eines, das andere “Sinnesorgane” verwendet, sich auf andere Wahrnehmungsgrundlagen bezieht, um die entsprechenden Entscheidungen zu treffen, die zu diesen Resultaten führten.