Barbara Maurer

Who’s Who – Barbara Maurer

Barbara Maurer

Expertin für zeitgenössische Musik

In Konzerten mit Neuer (Instrumental-)Musik ist die Verwendung von Live-Elektronik oder Zuspielung mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. Umgekehrt bedienen sich Komponisten elektronischer Musik ebenso selbstverständlich den Möglichkeiten akustischer Instrumente. Beides stellt jedoch sowohl die Komponisten als auch die ausführenden Musiker vor neuartige Situationen, die erfahren und gelernt werden müssen. Barbara Maurer, die über ein riesiges Repertoire an zeitgenössischer Musik, mit und ohne Elektronik, verfügt (darunter unzählige Ur- und Erstaufführungen) gibt ihr Expertenwissen aus der Perspektive der Instrumentalistin sowohl an die ausführenden Musiker als auch an die Komponisten weiter.

In einem gemeinsamen Konzert mit Michael Edwards wird sie in der „Woche Neue Musik“ am 2.7.2018 zu hören sein.

—– Biografie —–

Barbara Maurer, Musikstudium (Viola) in Freiburg bei Ulrich Koch und in London bei David Takeno. Weltweite Konzerttätigkeit als Kammermusikerin und Solistin, vor allem auf dem Gebiet der Neuen Musik. Kranichsteiner Musikpreis 1986. Mitglied des „ensemble recherche“ von 1989 bis 2017. Etwa 50 Uraufführungen von Solostücken, etwa 500 von Kammermusikwerken, bei einem Repertoire von mehreren tausend Stücken. Über 50 CD-Einspielungen. Dozentin für Viola und Kammermusik bei den
Darmstädter Ferienkursen seit 1998. Im Rahmen der Reihe „HörMal“ jährliche Vermittlungsprojekte mit Schulklassen und Kindergruppen von 2007 bis 2015. Zahlreiche Übersetzungen (Musik, Philosophie) aus dem Italienischen, Französischen und Englischen. Vorträge und Veröffentlichungen zur Rolle des Interpreten. 2009-2017 Dozentin für neue Kammermusik an der Hochschule für Musik und Tanz Köln. 2014 erschien bei Breitkopf & Härtel ihr Buch „Saitenweise. Neue Klangphänomene auf Streichinstrumenten und ihre Notation“. Seit 2017 Professorin für Neue Musik an der Folkwang Universität der Künste in Essen.

—–  Barbara Maurer über ihre Arbeit —–

Meine Arbeit besteht zur Zeit vor allem darin, die Chance des Neuen hier bei Folkwang
zu nutzen und auszufüllen. Die Professur für neue Musik beinhaltet viele verschiedene
Arbeitsbereiche:
– Betreuung des Masterstudiengangs Neue Musik
– Masterseminar Praxis Neue Musik
– Vorlesung Grundlagen der Neuen Musik, abwechselnd mit meinem lieben Kollegen
Prof. Günter Steinke
– Einzelunterricht der Streicher im Studiengang Neue Musik
– Kammermusikunterricht aller Studierenden Master Neue Musik
– Unterricht der Bachelor-Studierenden, die das Modul Neue Musik 1, 2 oder 3 wählen
– Repertoire-Wahl für alle diese Studierenden
– (Mit-)Organisation der Neue-Musik- Konzerte
– Beratung der Kompositions-Studierenden im Hinblick auf die praktische Umsetzung
von Partituren, Notation und Streicher-Spieltechniken.
Deshalb ist die Hochschul-Arbeit vielseitig, reichhaltig, voller Kontakte, Verantwortung
und Möglichkeiten. Manchmal hab ich Angst, etwas Wichtiges zu vergessen. Fast immer
aber überwiegt die Freude, die Überraschung und ein Gefühl von Dankbarkeit für den
lebendigen Austausch mit Kollegen und Studierenden an so einem schönen Ort und für
die Intensität der neuen Musik, die den Kern meines Berufslebens bildet und mich
immer ernährt hat.
Gleichzeitig bin ich ausübende Musikerin. Mein nächstes Konzert ist am 24. Juni im
Magdeburger Dom: Morton Feldmans großes und zartes Werk „Rothko Chapel“ (1971)
für Viola, Schlagzeug und Chor.

—– Drei Fragen an Barbara Maurer —–

Angenommen, zeitliche Faktoren und dergleichen spielten keine Rolle: Gäbe es einen
Musik-fremden Studiengang oder eine Ausbildung, der oder die Sie heute reizen würde?
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Stellen wir das Studieren, wie Sie es erlebt haben, dem Musikstudium heute gegenüber.
Inwiefern hat es sich verändert?
Heute kann man das studieren, was zu meiner Studienzeit noch etwas für Außenseiter,
Querköpfe, Eigensinnige und Risikoliebhaber war: neue Musik, alte Musik, historische
Aufführungspraxis, Jazz, Pop, Musical, Filmmusik. Damals fand der Schritt ins
vollkommen Ungewisse also individueller statt, ohne regelhafte Unterstützung der
Institutionen. Es gab weniger Leute, die sich in diese unakademischen Stile reinknieten.
Wenn sie durchhielten, fanden sie auch Aufgaben und bezahlte Arbeit. Heute werden
diese Richtungen als Studium angeboten, dementsprechend ist die Konkurrenz
gewachsen. Es gibt viele mehr freie Ensembles, aber nicht mehr Festivals und
Konzertreihen als vor 30 Jahren. Kaum jemand aus der heutigen jungen Generation
schafft es oder versucht es auch nur, in der „freien Szene“ einzig vom Konzertieren zu
leben, wie wir damals.

Haben Sie sich als Musikerin durch das Unterrichten verändert?
In der Hauptsache ist es umgekehrt: das Unterrichten ist durch mein Leben als
Musikerin bestimmt. Diese Erfahrungen kann ich weitergeben, und von ihnen aus
versetze ich mich in die Leiden und Freuden des Musikstudiums hinein.
Doch natürlich wirkt das Unterrichten auch wieder ins Musikerdasein hinein. Zum
Beispiel muss ich manchmal beim Üben lachen, weil ich mir sage: „Jetzt mach doch das,
was du immer predigst, auch selber!“ Und dann freue ich mich, wenn es wirklich hilft.